Seconds out – Genesis (1977)

Genesis_-_Seconds_Out_FRONT1Phil Collins hatte nach vier Jahren an den Drums 1975 das Mikrofon und damit gleichzeitig das Ruder der Progressivrocktruppe aus Britannien übernommen. Bestimmt einer der unkonventionellsten Besetzungswechsel der Rockmusikgeschichte und gleichzeiteitig Startschuss für Collins’ Weltkarriere, aber das steht auf einem anderen Blatt.
Dieses Live Album, welches nach den Studioalben “A Trick of the Tail” und “Wind and Wuthering” in gewissem Sinne das Ende der progressiven Phase der Band abzeichnet, ist gleichzeitig ein eindrückliches Dokument der eigentlichen Stärken dieser Band. Packende minutenlange Solo-Passagen von Keyboarder Tony Banks und dem scheidenden Gitarristen Steve Hackett begleitet von Doppelschlagzeugpassagen (Herr Collins wollte ja nicht rumstehen während Gesangspausen und unterstützte den angeheuerten Livedrummer).
Genesis verstehen es, wie auf diesem Doppelalbum dokumentiert, sich mit Leichtigkeit und Spielfreude sowohl durch die bekanntesten älteren Titel, wie auch die neueren Titel zu spielen, ohne dass eine Diskrepanz entsteht. Ein langhaariger, vollbärtiger Collins singt sich durch die melodramatischen Texte aus der Gabriel Ära, als hätte er nie etwas anderes gemacht, obwohl zuweilen Zweifel aufkommen, ob er wohl weiss von was er singt. Aber der Gähn-Effekt, welcher sich bei mir in späteren Jahren relativ rasch eingestellt hat, wenn sich die Band in Riesenarenen durch die alten Songs raspelt, tritt zu dieser Zeit noch nicht auf.
In einer postpubertären Phase habe ich dies Platte dünn und durchsichtig gespielt, meine Anspieltipps: Squonk, Firth of Fifth, Cinema Show und natürlich Afterglow.

Songs: *****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: ***

Oh Mercy – Bob Dylan (1988)

Bob_Dylan_-_Oh_Mercy_(Front)OK, es ist ein Fact, dass bei diesem Album einer meiner favorisierten Songwriter und einer meiner favorisierten Produzenten am Werk waren. Es ist auch offensichtlich, dass Produzent Lanois hier einen omnipräsenten Einfluss auf Dylan und alle Beteiligten hatte, aber trotzdem – oder gerade deshalb bleibt Oh Mercy mein Lieblingsalbum der mittleren Dylan Phase.
Die Vorgeschichte und der Werdegang bezüglich Songwriting und Produzentenwahl ist ja in Dylans Chronicles eingehend beschrieben worden, ich erspare mir hier weitere Ausführungen (siehe auch hier), Tatsache ist, dass Dylan mit diesem Album eine Art Comeback feiern konnte. Ein Prädikat, welches leider die darauf folgenden Studioplatten nicht zu halten vermochten.
Lanois drückt den Aufnahmen in New Orleans seinen typischen Stempel auf: Erdige und trotzdem sphärische Stimmungen, Gitarren mit Delays und viel Atmosphäre, ohne dass gleich U2 Ambitionen aufkommen. Zusammen mit New Orleans’ Who is Who verleiht er Dylans Songs das gewisse Etwas, welches dieses Album zu einem herausrageden Werk macht. Enttäuschend bedeutungslos im Vergleich sind die Outtaktes und Alternativversionen, welche im 2009 im Rahmen der “Official Bootleg Series” erschienen sind.
Meine Anspieltipps sind: “Ring them Bells”, obwohl lange nach der sogenannt christlichen Phase geschrieben, ist dies vielleicht einer der aussagekräftigsten Titel in dieser Hinsicht. Dann aber auch “Deceise of conceit”, “Everything is broken” und natürlich “Man in the long black coat”, dessen Intro ja im Film “I’m not there” ausgiebig gefeatured wird. Zu guter Letzt dann sicher auch “Most of the time” und “Shoting star”, beide auch mit herausragender Textarbeit.

Songs: *****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: **

Wicked Grin – John Hammod Jr (2001)

Wicked Grin - John Hammond

John Hammond Jr ist ein Bluesman der ersten Stunde. Und obwohl er in den sechzigern im New Yorker Village neben Leuten wie Bob Dylan seine ersten Schritte im Musikgeschäft gemacht hat, ist er seiner Leidenschaft, dem puristischen, originalen Blues auch vierzig Jahre später in einer bescheidenen, aber nicht minder ernsthaften Beständigkeit treu geblieben. Dies, obwohl der Ruhm in massigen Dimensionen, wie auch finanzielle Grosserfolge für Hammond ausblieben.
Mich hat es nicht wenig erstaunt, dass Hammond mit “Wicked Grin” ein Album veröffentlicht, welches – mit einer Ausnahme – ausschliesslich Tom Waits Covers enthält. Wenn man versucht ist, dem Sohn des legendären Produzenten gleichen Namens bei diesem Unterfangen kommerzielle Beweggründe zu unterschieben wird man hier mit zunehmendem Anhören der einzelnen Titel eines besseren belehrt: Trotz der Tatsache, dass “Wicked Grin” für Hammonds Karriere in der Tat ein segensreiches Album war, wird einem nämlich spätestes nach den ersten drei Takes klar, dass es sich hier um eines jener Kleinodien handelt, welche uns seltenerweise nicht alle Tage zu Ohren kommt.
Neben dem Meister Waits himself, der nebst der Produzentenfunktion an der Gitarre mitschrammelt, haben sich die beiden alten Hasen natürlich diverse ebensolche Mitstreiter ins Studio eingeladen. Und mit Ihnen zusammen werden altbekannten Waits Songs in puristischer und erdiger Art und Weise neues und doch altbekanntes Leben eingehaucht. Luftige, altbackene Kontrabass- ud Drumsounds (26 Zoll Bassdrum), zwischen welchen sich die Orgeln von Augie Meyers und Bluesharps von Charlie Musselwhite anhören wie damals im Konzertsaal. Trotzdem und dies ist neben den Interpretationen der Songs für mich ein herausragender Punkt, sind Produktion und Klangqualität dieses Albums State-of-the-art und ein Hochgenuss.
John Hammonds scheint der perfekte Erzähler für dieses Kuriosum an Anektoten über Verlierer, Mörder, Diebe und all die anderen schrulligen Geschichten.
Obwohl dieses Album in sich ein Meilenstein darstellt, kann “Wicked Grin” auch als idealer Einsteiger empfohlen werden, wenn sich jemand entweder dem Werk von Tom Waits und/oder dem von John Hammond Jr etwas nähern möchte.

Songs: *****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: ****

August and Everything after – Counting Crows (1993)

imagesWährend einem Kalifornien Aufenthalt im Jahr 1994 hat meine vom Maschinensound der achziger geplagte Seele dieses Album spontan aufgesogen wie einen Sonnenuntergang im Januar. Geschmackvolle, pure Gitarrenmusik, untermalt von Hammond, Piano und Akkordeonklängen. Darüber Adam Duritz’ weinerlich-sentimentale Gesänge welche erfahrungsgemäss einen ziemlich polarisierenden Effekt auf Neuankömmlinge ausüben. Es überrascht nicht, dass mit T Bone Burnett hinter diesem Meisterwerk ein altbekannter Produzent steckt, der die junge Band hervorragend zu formen weiss. Er lässt weg was unwichtig ist und weiss geschmackvoll betonen zu lassen, was Sound und Stil der Band aus der Bay Area ausmacht und in den nächsten Jahren auch zuhauf kopiert werden wird. Obwohl sich Counting Crows mit den folgenden Jahren und Alben sowohl personell, wie auch stilistisch noch formen und wandeln werden, spürt man hier mehr als Potential. Mit diesem Erstling definiert die Band den gemeinsamen Kern und Nenner mit Leichtigkeit, auch wenn das Gerücht umgeht, dass beim Einspielen nicht alle Bandmitglider ohne fremde Hilfe auskamen.
Schon der Opener “Round here” klingt dezent und mystisch an, ohne sich gleich anzubiedern. Dazu eine Gesangslinie, welche unkonventioneller nicht sein kann.
“Omaha” dann, eine akustische Folknummer mit viel Akkordeon und wenig Drums. “Mister Jones” wurde in allen Radiostationen zwar weltweit heissgespielt, gehört in meinen Ohren aber nicht zu den besten Songs des Albums. Unbedingt reinhören müsste man neben “Rain King” und “Sullivan Street” auch in “Raining in Baltimore”, eine Klavierballade oder “A Murder of one”, wo dann auch die Herkunft des Bandnamens offenbart wird. Eigentlich finde ich keinen Titel auf diesem Album, der abfallen oder nicht passen würde. “August and Everything after” ist aus meiner Warte Pflicht und definitiv ein Meilenstein in der Rockmusikgeschichte.

Songs: *****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: ***

Gold – Ryan Adams (2001)

Ryan Adams - GoldRyan Adams hat die Gewohneit alles auf Tonträger zu veröffentlichen was er so Tagein-Tagaus komponiert. Dies führt dazu, dass einige seiner zahlreichen Veröffentlichungen – gelinde ausgedrückt – Wünsche offen lassen.
Nicht so sein im 2001 veröffentlichtes Album “Gold”. Der Titel ist sinnbildlich, gingen doch weltweit 1 Million Einheiten über die Ladentische.
Produziert von Ethan Jones legt Ryan hier ein Meisterwerk hin, welches zwar diverse Anleihen an Rockmusik Klassiker nicht verleugnen kann/will, aber trotzdem eine Eigenständigkeit an den Tag legt, dass es nur so eine Freude ist sich durch alle Songs durchzuhören. Songwriting und Produktion sind wirklich herausragend. Und in der Tat gibt es kaum einen Tiefpunkt auf diesem Album. Der Opener “New York” mit passendem Sax Outro, das sommerliche “La Cieega just smiled”, der mehrfach gecoverte Hit “When Stars Go Blue” oder auch einfach “Good Night Hollywood Boulevard”.
Die Besetzung der mitspielenden Musikern kann sich sehen lassen, neben Adam Duriz (Countig Crows), Bemont Tench (Tom Petty) langt der Produzent selber auch gleich kräftig zu an verschiedenen Instrumenten. Nicht zu vergessen mein Freund Richard Causon am Piano, der bei “Silvya Plath” auch als Mitkomponist zeichnet.

Songs: *****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: ***

Wildflowers – Tom Petty 1994

51brqulozlObwohl “Wildflowers” eigentlich ein Tom Petty Solo Album ist, ist ausser dem Drummer die ganze Heartbrakers Crew mit von der Partie. Dieser wurde nach dieser Platte eh durch Steve Ferrone ersetzt. Nach all den synthiegetränkten und Jeff Lyne-produzierten achziger Produktionen geniesst Petty hier die Solo-Freiheit und legt zusammen mit Altmeister Rick Rubin ein puristisches Meisterwerk amerikanischer Gitarremusik hin. Schon der Opener und Titeltrack zeigt, woher der Wind weht. Dieses Album ist ein Paradebeispiel einer mid-nineties Produktion mit fadengraden puristischen Elektrogitarren von Mike Campbell und dem Chef himself. Dazu seidig-kernige Akusitikgitarren und alles geschmacksvoll mit Benmont Tenchs Hammond und Pianoklängen unterlegt. Echte orchestrale Arrangements untermalen einige der Songs, nie kitschig, aber immer als geschmacksvoller Synthesizerersatz.

Anspieltipps: Good to be King, Wildflowers, Don’t fade on me, Time to move on, Wake up time, Crawling back to you.

Songs: ****
Produktion: *****

Cover+Booklet Artwork: ****

Nobody left to Crown – Richie Havens 2008

covernltc1Ein grossartiges Album vom Altmeister Richie Havens. Diese geschmacksvoll produzierte Sammlung von eigenen Songs und Fremdkompositionen beweist, dass Havens mitnichten ein “Has Been” ist, der nur noch von längst verblichenem Woodstock Glanz zehrt.
“Nobody left to crown” enthält zeitgemäss produzierte Songs, eingespielt mit einer angenehm zurückhaltend spielenden Band. Derek Tucks und Harry Manx setzen ein paar Slideguitar-Farbtupfer.

Anspieltipps: “The Great Mandala” oder das Jackson Browne Cover “Lives in the Balance” aus den achzigern, welches sich – von Havens noch zu Zeiten der Bush Administration eingespielt –  textlich von einer unglaublich erschreckenden Aktualität zeigt.

Songs: *** bis ****
Produktion: ****

Cover+Booklet Atwork: ***

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